Auf künstlicher Intelligenz (KI) basierende Algorithmen ermöglichen – unterstützt durch eine zunehmende Digitalisierung und das Internet of Things (IoT) – innovative Produktionslösungen zur Reduktion des Energieverbrauchs in der Fertigung. Als Einsatzbereich eignet sich besonders die Feinplanung.
Energieeffiziente Produktion als Wettbewerbsfaktor
Seit mehreren Jahren rücken im produzierenden Gewerbe ökologische Kriterien stärker in den Fokus. Mehrere Entwicklungen beschleunigen diesen Wandel. Zum einen zwingen die unsichere Versorgungslage und steigende Energiekosten die Unternehmen, den Verbrauch von fossiler Energie zu reduzieren. Zum anderen kommen strengere staatliche Regulierungen in Hinblick auf die CO2-Emissionen der Industrie hinzu, wie sie bspw. im Klimaschutzgesetz festgehalten sind. Während manche auf alternative Energieträger umsteigen, sind laut VDMA für 85% der Unternehmen Einsparungen im Energieverbrauch die primäre Lösung. Langfristig sind unter dem Aspekt einer Wettbewerbsfähigkeit im Bereich der klimaneutralen Produktion innovative Ansätze zur Verbesserung der Energieeffizienz gefragt.
Lokale Ansätze zur Reduzierung des Energieverbrauchs bergen Nachteile
Es existieren einige Lösungsansätze, um den Energieverbrauch in der Produktion zu reduzieren. Sie setzen vor allem auf einer bestimmten lokalen Ebene an und berücksichtigen nicht die Komplexität der Produktionsumgebung. So werden bspw. lediglich einzelne Maschinen optimiert, indem Stellgrößen, wie Bearbeitungstemperatur oder Arbeitsgeschwindigkeit verändert werden. Häufig ist dies zeit- und kostenintensiv und nicht skalierbar. Für den Einbau einer neuen, energiesparenden Maschine muss bspw. das Produktionsvolumen reduziert oder sogar die Produktion ganz gestoppt werden. Nach der Wiederaufnahme der Produktion kommt es zudem häufig übergangsweise zu einem Rückgang der Produktionsqualität.
KI-gestützte Feinplanung als möglicher Lösungsansatz
Der Einsatz von KI-basierten Lösungen in der Feinplanung ermöglicht es dagegen, Energieeinsparungen in der Produktion zu realisieren, ohne in die Produktionsprozesse eingreifen zu müssen. Die Fertigungsschritte werden so auf Maschinen verteilt, dass der Energieverbrauch minimiert wird. KI-Algorithmen können dabei einerseits den Energieverbrauch einer Maschine bei der Bearbeitung eines Fertigungsschritts berücksichtigen. Andererseits wird beachtet, ob es bei der Nutzung einer Maschine zu energieintensiven An- und Ausschaltvorgängen oder ineffizienten Leerlaufzeiten kommt. Dies ist besonders wichtig, da der Energieverbrauch in der Nichtarbeitszeit – also während Leerlaufzeiten oder An- und Ausschaltvorgängen – bis zu 65% des gesamten Verbrauchs einer Produktion ausmachen kann.
Produktionssituationen mit einem signifikant hohen Energieverbrauch für das Hoch- und Herunterfahren von Maschinen bergen deshalb ein großes Einsparpotenzial. Sie eignen sich besonders gut für eine Optimierung mit künstlicher Intelligenz. Um das energieintensive Hochfahren einer Maschine und lange Leerlaufintervalle zu vermeiden, wird ein Produktionsschritt z.B. einer bereits laufenden Maschine zugeteilt. Durch intelligentes Aneinanderreihen von Fertigungsschritten und das gleichzeitige Auswählen von besonders energiesparenden Maschinen, kann der Gesamtenergieverbrauch einer Produktion um bis zu 20% reduziert werden (siehe Bild 1).
Ökologische vs. Ökonomische Zielkonflikte in der Feinplanung
Für eine effiziente Produktion müssen in der Produktionsplanung neben ökologischen Zielkriterien, wie Energieverbrauch auch ökonomische Ziele berücksichtigt werden. Ein relevantes Zielkriterium aus ökonomischer Perspektive ist die Liefertermintreue (bzw. die Gesamtfertigungsdauer). Für eine optimale Liefertermintreue ist es oft sinnvoll, möglichst viele Maschinen zu verwenden, um sehr schnell produzieren zu können. Dies kann aber zu vielen energieintensiven An- und Ausschaltvorgängen führen. Somit kann es aus Sicht der Energieeffizienz sinnvoller sein auf weniger Maschinen, aber dafür länger zu produzieren (siehe Bild 2). Während man also intuitiv davon ausgehen könnte, dass ein möglichst liefertermintreuer - also kurzer - Produktionsplan auch sehr wenig Energie verbraucht, ist dies tatsächlich nicht immer der Fall.
Daher ist ein Abwägen zwischen den beiden Kriterien notwendig. Dies kann eine KI-Lösung eigenständig umsetzen und so eine ausgewogene Lösung generieren. Darüber hinaus können mehrere „gleich gute“ Pläne erzeugt werden, die entweder mehr Fokus auf den Energieverbrauch oder die Liefertermintreue legen. Diese Pläne können als Unterstützung für Planende dienen, die basierend auf Expertenwissen aus der Menge aller erzeugten Pläne den jeweiligen, für die aktuelle Situation optimalen Produktionsplan wählen können (siehe Bild 3).